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Familienrecht Urteile

BVerfG lehnt das Recht der Eltern ab, bei Kindesanhörung anwesend zu sein – BVerfG vom 05.06.2019 – 1 BVR 679/19

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass Eltern grundsätzlich kein Recht haben, bei der Kindesanhörung durch das Familiengericht anwesend zu sein oder diese über Video mitzuerleben.

Das Familiengericht hat grundsätzlich die Entscheidungshoheit darüber, ob die Anhörung der Eltern in deren Anwesenheit oder Abwesenheit stattfindet. Bei der Ausübung des Ermessens ist stets zu beachten, dass die Anwesenheit der Eltern in vielen Fällen nicht angemessen ist, da dem Kind so unbefangenes Äußern nicht möglich ist. In dem entschiedenen Fall war dies gegeben.

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Juni 2019 1 BVR 679/19

Anspruch eines Elternteils auf Herausgabe des Reisepasses für Kinder – BGH vom 27.03.201 – XII ZB 345/18

Dem personensorgeberechtigten sowie dem umgangsberechtigten Elternteil steht grundsätzlich ein Anspruch auf Herausgabe des Kinderreisepasses zu, wenn der Berechtigte den Ausweis für die Ausübung seines Rechts (zum Beispiel für eine Auslandsreise) benötigt.

Für den Bundesgerichtshof kann dem Herausgabeanspruch die berechtigte Besorgnis entgegenstehen, dass der Elternteil, der die Herausgabe begehrt, mit Hilfe des Kinderreisepasses seine elterlichen Befugnisse überschreiten (zum Beispiel das Kind ins Ausland entführen) will.

Entscheidung des BGH vom 27.03.2019 XII ZB 345/18 FamRZ 2019, 1056

Pachtvertrag für minderjährige Kinder abschließen – BGH-Urteil vom 03.04.2019, XII ZB 359/17

Um als gesetzliche Vertreter im Namen ihres minderjährigen Kindes einen Pachtvertrag abzuschließen, benötigen Eltern für das nicht verfahrensfähige Kind keinen Ergänzungspfleger.

In dem Fall, den der Bundesgerichtshof entschied, wollte die Mutter, die alleinige Sorgeberechtigte, landwirtschaftlich genutzte Flächen langfristig verpachten, die ihr und den Kindern als Miterben des verstorbenen Vaters gehören. Sie hatte dafür die Genehmigung des Familiengerichts eingeholt. Wenn sichergestellt ist, dass es keine Interessenkollision gibt, ist im Zuge des Genehmigungsverfahrens für die Kinder kein Ergänzungspfleger erforderlich.

Beschluss des BGH vom 03.04.2019 XII ZB 359/17 FamRZ 2019, 986

Anfechtungsrecht des leiblichen Vaters trotz bestehender sozial-familiärer Beziehung – BVerfG vom 25.09.2018 – 1 BvR 2814/17

Wird ein Kind während der Ehe geboren, nimmt § 1592 Nr. 1 BGB gesetzlich an, dass der Ehemann auch der leibliche Vater des Kindes ist (genannt rechtlicher Vater), bis eine erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung das Gegenteil beweist. Das Bundesverfassungsgericht hatte zu klären, ob eine sozial-familiäre Beziehung des rechtlichen Vaters in jedem Fall eine erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung des leiblichen Vaters ausschließt. Zu diesem Thema formulierten die Verfassungsrichter die folgenden Grundsätze, die von den Familiengerichten künftig zu berücksichtigen sind:

Der leibliche Vater, der ein gerichtliches Verfahren zur Feststellung seiner Vaterschaft eingeleitet hat, als die Voraussetzungen dafür erfüllt waren, kann grundsätzlich die Vaterstellung erlangen, auch wenn ein anderer Mann währenddessen die Vaterschaft anerkennt. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn zum Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Verfahrens durch den leiblichen Vater noch keine sozial-familiäre Beziehung des anderen Mannes zu dem Kind bestand und der leibliche Vater selbst bereits eine sozial-familiäre Beziehung zu seinem Kind aufgebaut hatte.

Selbst wenn zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind besteht, rechtfertigt dies nicht ohne Weiteres den endgültigen Ausschluss des leiblichen Vaters von der rechtlichen Elternstellung, wenn dieser alles unternommen hat, um sie zu erlangen, als ihm die rechtliche Vaterschaft offenstand.

Entscheidung des BVerfG vom 25. September 2018 AZ: 1 BvR 2814/17

Anhörungspflicht von Kindern bei Verfahren zum Umgangsrecht – BGH vom 31.10.2018 – XII ZB 411/18

In einem Verfahren um das Umgangsrecht muss ein Kind vom Familiengericht angehört werden, auch wenn es noch nicht 14 Jahre alt ist, sofern seine Neigungen, Bindungen oder sein Wille für die Entscheidung relevant sind. Diese Kriterien stellen bedeutende Aspekte des Wohls des Kindes dar. Da alle im Gesetz genannten Aspekte für Umgangsrechtsverfahren relevant sind, ist laut der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Anhörung eines Kindes unter 14 Jahren regelmäßig notwendig.

Nur bei sehr jungen Kindern wird ein Verzicht möglich sein, da es an der Fähigkeit zu äußern mangelt. Auch wenn das Kind seine Wünsche nicht direkt äußern kann, lassen sich möglicherweise aus seinem Verhalten Rückschlüsse auf diese Wünsche oder Bindungen ziehen. Eine Anhörung ist jedoch erst ab einem Alter von drei Jahren möglich. In dem entschiedenen Fall sahen die Richter aus Karlsruhe keine rechtlichen Gründe, insbesondere im Hinblick auf das Kindeswohl, die einer Anhörung eines vierjährigen Kindes entgegenstanden.

BGH-Beschluss vom 31. Oktober 2018 Aktenzeichen: XII ZB 411/18

Ehevertrag mit einem Ausländer, der von der Ausweisung bedroht ist – BGH-Urteil vom 17.01.2018 – Az. XII ZB 20/17

Um eine drohende Ausweisung zu verhindern, werden nicht selten Ehen mit Ausländern eingegangen. Im Zuge der Eheschließung werden häufig Eheverträge abgeschlossen, vor allem um wechselseitige Unterhaltsansprüche von Beginn an auszuschließen. Der Bundesgerichtshof hat die Gültigkeit von Ehevereinbarungen dieser Art untersucht.

Ein Ehevertrag kann als sittenwidrig und damit nichtig gelten, wenn einer der Ehepartner (in diesem Fall die aus Bosnien stammende Ehefrau) offensichtlich in besonderem Maße auf die Heirat angewiesen ist. Ein solcher Fall kann eintreten, wenn – wie hier – dem ausländischen Vertragspartner die Ausweisung droht.

Beschluss des BGH vom 17.01.2018 Aktenzeichen: XII ZB 20/17 FamRZ 2018, 577

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